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Die 70er und 80er Jahre und die Wiedervereinigung

1974 – 1998

01.01.1974

Erste Vorsitzende: Karl Volz (1950-1974), Fritz Schafheutle (1975-1992), Raimund Steinhoff (1993-2002)

Die Sektion, die inzwischen auf ca. 1.700 Mitglieder angewachsen ist, feiert ihr 100-jähriges Bestehen mit einer großen Feier im Konzil. Interessanterweise feiert zeitgleich in diesem Jahr Karl Volz seine 50-jährige Mitgliedschaft und sein 25-jähriges Jubiläum als 1. Vorsitzender – er wird bis heute der am längsten amtierende 1. Vorsitzende sein.

Die Jugend gewinnt zunehmend an Eigenständigkeit und Bedeutung, was u. a. dadurch dokumentiert wird, dass sie ab dieser Zeit auch im Vorstand vertreten ist. Neben regelmäßigen Jugendabenden, die zunächst im Gemeindezentrum der Petruspfarrei stattfinden, sind bald auch Jugendtouren, erste Skilager und Kletteraktivitäten im Programm und zwei Altersklassen müssen gebildet werden, um der Nachfrage Rechnung zu tragen. Die zunehmende Ausdifferenzierung der Interessen innerhalb der Sektion führt kurz darauf auch zur Gründung einer Seniorengruppe in Konstanz.

Die Gauenhütte wird mit großer Unterstützung aus der Mitgliedschaft umfangreich umgebaut und verfügt zum Zeitpunkt des Einweihungsfestes am 28. September 1975 über 22 Plätze, einen Gastraum, Küche, 2 WCs, 2 Waschräume, eine Dusche und einen Ski- und Trockenraum sowie den Blick auf Sulzfluh, Drusentürme und Drusenfluh. Die Begeisterung ist groß und lässt sich u. a. mit der Teilnahme von 22 Personen an einem Arbeitswochenende belegen.

In den späten 70-er-Jahren entwickelt sich die Mitgliederzahl in Richtung 2.500, die Konstanzer Hütte weist knapp 2.500 Übernachtungen sowie zusätzlich 3.000 Tagesgäste auf und auf der Gauenhütte werden 1.500 Übernachtungen verzeichnet. Diese Dynamik schlägt sich dann auch in den Finanzen nieder: bei einem Gesamtumsatz in Höhe von ca. 150.000 D-Mark im Jahr 1979 hat sich ein Guthaben von 84.000 D-Mark angesammelt.

Doch Geld wird auch benötigt: die Konstanzer Hütte soll modernisiert und damit zeitgemäß ausgestattet werden – die Ansprüche der Hüttenbesucher sind gewachsen und dem will die Sektion Rechnung tragen. Bei den Planungen und Vorbereitungen stellt sich bald heraus, dass die bisherige Bausubstanz hierfür nicht geeignet ist. Das bisherige Gebäude soll daher abgerissen und durch eine neue Hütte ersetzt werden. Sie soll 82 Schlafplätze sowie neue Toiletten und Waschräume für Männer und Frauen, einen Trockenraum für Hüttenpächter und Bergsteiger, einen Ruheraum und Speisekammer für die Hüttenpächter, einen feuersicherer Winterraum mit Küche und Schlafraum sowie eine Drei-Kammer-Kläranlage bieten. Die Kostenplanung geht zunächst von 350.000 D-Mark aus, letztlich müssen 725.000 D-Mark bereitgestellt werden – wie üblich werden die Maßnahmen seitens des Bundesverbandes durch Zuschüsse begleitet.

Im Juli 1982 findet die Einweihung mit ca. 230 Gästen vor Ort statt. In seiner Rede verweist der erste Vorsitzende Fritz Schafheutle darauf, dass „gerade in der heutigen, technisierten Zeit, die Alpen als Erholungs- und Freiraum immer mehr Bedeutung gewinnen... Uns Städter soll diese Hütte ein Ort der Begegnung werden mit der Schönheit der Natur, mit den Menschen dieses und anderer Länder, denn schon immer hat der Bergsteiger die Völkerverständigung praktiziert“. Worte, die sicher über diese Zeit hinaus Gültigkeit behalten.

Das Tourenprogramm wird umfangreicher und bietet neben bekannten Aktivitäten auch völlig Neues: so bezwingen u. a. 25 Konstanzer und Radolfzeller das Aletschhorn und es wird ein Orientierungsmarsch angeboten, in Singen bildet sich gar eine Wildwassergruppe. Insgesamt sind für das Jahr 1982 in Konstanz 4 Ausbildungskurse, 14 Ski- und 27 Sommertouren mit fast 900 Teilnehmern sowie 18 Veranstaltungen für Senioren mit über 200 Teilnehmern verzeichnet. Die Jugend bietet mit 6 Jugendleitungen 15 Veranstaltungen mit ca. 170 Jugendlichen an und sammelt nebenbei 22 Tonnen Altpapier, um einen finanziellen Beitrag zu leisten. Und die Ortsgruppen in Singen und Radolfzell haben ihr eigenes Programm: fast 30 bzw. 20 Touren mit fast 300 bzw. 200 Teilnehmern – welch eine Dynamik! Und darüber hinaus erfreut sich auch das gemeinsame Veranstaltungsprogramm mit Kartoffelessen, Frühlingsfest und zahlreichen Vorträgen (letztere mit insgesamt über 1.000 Besuchern) großer Nachfrage. Lediglich die Bücherei wird wenig in Anspruch genommen: laut Bücherwart ist sie das „Stiefkind der Sektion“. Um dies zu ändern, sind daher bald Ausleihen im Rahmen der monatlich stattfindenden Versammlungen im Barbarossa möglich.

Aber gerade das umfangreiche Tourenprogramm bringt neben all den schönen Erlebnissen auch immer wieder tragische und traurige Momente: so kommen am 27. Februar 1983 fünf Mitglieder bei einer Schneebrettlawine am Chrüz bei St. Antönien ums Leben – dies ist das bisher schwerste Unglück in der Sektion und bietet sicherlich Anlass, diesen wie auch allen anderen im Laufe der Vereinsgeschichte Verunglückten zu gedenken.

Ein bedeutendes Ereignis findet im Jahr 1985 statt: das 100 Jubiläum der Konstanzer Hütte. Bei der 3-tägigen Feier im Juli platzt die Hütte aus allen Nähten, sogar in Zelten wird übernachtet. Die Festzeremonie verfolgen 230 Gäste, unter ihnen die Oberbürgermeister aus Konstanz und St. Anton, Vertreter des Regierungspräsidiums Freiburg, der Forstverwaltung und der Jägerschaft, Repräsentanten anderer Sektionen und die Trachtengruppe Alt-Konstanz. Nur das Wetter spielt nicht wie gewünscht mit, sodass eine geplante Besteigung des Patteriol abgesagt werden muss.

Auf der Gauenhütte wird nach einer Wünschelrutensuche eine Quelle für die Trinkwasserversorgung erschlossen und einige Jahre später erfolgt der Bau einer Kläranlage. Die Belegung und Abrechnung der Hütte übernimmt dankenswerterweise das Sporthaus Gruner.

Und auch vor Ort in Konstanz gibt es immer wieder Neues zu berichten: der ständig größer werdende Verein – im Jahr 1985 tritt das 3.000ste Mitglied ein - erfordert modernere Strukturen und Abläufe in der Verwaltung, und so ergreift der Vorstand die Möglichkeit, in der Neugasse 25 Räume für eine Geschäftsstelle anzumieten. Hier können die Aktivitäten gebündelt werden und auch die Bücherei, das Archiv und die Jugend finden Platz. Auch bei diesem Anlass sind wieder zahlreiche helfende Hände nötig – mit einem Augenzwinkern wird von „Fronarbeit“ gesprochen -, um die Räumlichkeiten zu richten. 1987 erfolgt der Einzug und es wird vermerkt, dass „das Alpenvereinshaus in Konstanz auf dem besten Weg ist, das Zentrum der Konstanzer Bergfreunde zu werden“. Hierzu trägt sicherlich auch bei, dass Mitarbeiter stundenweise eingestellt sind, die die Verwaltungsaufgaben erledigen.

Das Tourenprogramm wird von zwei Halbjahresausgaben auf ein Jahresprogramm umgestellt und bietet umfangreich Aktivitäten an: Ausbildungen (12 Termine), Touren in Konstanz (51), Singen (43) und Radolfzell (34) sowie spezielle Touren der Jugend (20) und der Senioren. Die Sektion beteiligt sich am Kletterturm bei der Universität, um der steigenden Nachfrage von Kletterern zu begegnen. Dies wird bei gegebenen Kosten in Höhe von 170.000 D-Mark vor allem deswegen möglich, weil zahlreiche Mitglieder sich finanziell beteiligen. Der bereits seit einigen Jahre stattfindende Orientierungsmarsch wird von der Jugend organisiert und ist mit 109 Teilnehmern äußerst erfolgreich. Ihre Beteiligungsmöglichkeit auf der Mitgliederversammlung nehmen nur 72 Mitglieder wahr, die neu eingeführte Fasnachtsveranstaltung ist dagegen sehr stark nachgefragt.

Der Verein scheint sich bestens zu entwickeln, doch dann erschüttert ein extremes Ereignis die Verantwortlichen und alle Mitglieder: am 28. April 1988 geht eine zweite Mure oberhalb der Konstanzer Hütte ab und führt zu sehr großen Schäden. Nur die Tatsache, dass sich zu diesem Zeitpunkt niemand in der Hütte aufhält, verhindert Personenschäden – welch ein Glück im Unglück. Aber die Zahlen sind erschreckend: Schäden am Gebäude und der Infrastruktur in einer Größenordnung von über 200.000 D-Mark – und das bei einem Schuldenstand nach den letzten Baumaßnahmen in Höhe von ebenfalls 200.000 D-Mark. Was dabei auf großes Unverständnis trifft, ist die Tatsache, dass die Sachverständigen den Standort nochmals zum weiteren Betrieb freigeben – lediglich ein Schutzdamm soll errichtet werden.

Doch dieses Mal entscheidet sich der Vorstand nicht wie 1965 (s.o.) für die Beibehaltung des Standortes, sondern sucht in der nahen Umgebung ein sicheres Gelände. Und so soll die Hütte neu im Bereich des Zusammentreffens von Rosanna, Fasulbach und Pflunbach entstehen – wo sie auch heute noch steht. Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf 2,1 Millionen D-Mark. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung beschließt das Projekt mit 80%-iger Zustimmung - sicherlich auch aufgrund der Tatsache, dass die Kosten nicht alleine geschultert werden müssen: der Bundesverband beteiligt sich mit einem Zuschuss und einem Darlehen und auch das Regierungspräsidium, die Städte Konstanz und Radolfzell sowie die Landesregierung Tirol beteiligen sich. Die Mitglieder spenden über 110.000 D-Mark und akzeptieren eine Beitragserhöhung – u. a. bei A-Mitgliedern von 53 auf 70 D-Mark. Und dennoch liegen Jahre vor der Sektion, die finanziell angespannt sind.

In diesen Jahren wird beim Deutschen Alpenverein das Thema Umweltschutz stark in den Fokus genommen. So wird in den Mitteilungen des Jahres 1989 vermerkt, dass „der Zeitraum von 1987 bis 1996 vom Alpenverein zum Jahrzehnt des verstärkten praktischen Umweltschutzes im Bereich der Hütten und Wege erklärt wird.“ Themen sind hierbei u. a. die Abwasserreinigung, Müllvermeidung, umweltfreundliche Energieversorgung und ökologische Transportmittel. Wohl auf diesem Hintergrund beschließt die Sektion, dass Umweltschutzaspekte „ganz wesentlicher Bestandteil der Planung und Ausführung des Hüttenbaus sein werden“.

Am 15. Juli 1990 eröffnet die neue Hütte nach nur 8-monatiger reiner Bauzeit. Möglich wurde dies u. a. durch die wieder große Beteiligung aus der Mitgliedschaft: 130 Mitglieder waren mit ca. 4.800 Arbeitsstunden beteiligt. Bereits in der ersten Öffnungsphase bis Ende September werden über 2.400 Übernachtungen verzeichnet – das Interesse an der Hütte ist nach der langen Pause riesengroß. Am 14. Juli des Folgejahres findet dann die festliche Einweihung statt. Zahlreiche Ehrengäste unter den über 300 Teilnehmern freuen sich über das gelungene Bauwerk und der Konstanzer Oberbürgermeister Horst Eickmeyer ist „beeindruckt von der nach modernsten Umwelt-Gesichtspunkten konzipierten Hütte“. Nur das Wetter spielt nicht mit: der strömende Regen führt dazu, dass „sogar der Messwein verwässert wurde.“

Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Themen zu berichten– wenngleich diese zu jener Zeit sicherlich nicht von so großer Bedeutung sind: eine erste Familiengruppe wird gegründet und die Jugend ist sehr aktiv: eine neue Gruppe für 10-14-Jährige wird ins Leben gerufen und es finden u. a. Skilager auf der Gauenhütte, ein Skitreffen mit Lindauer Jugend sowie diverse Kletteraktivitäten statt. Auf DAV-Hütten werden Hüttenschlafsäcke eingeführt und Sektionen ohne eigene Hütte sind gefordert, sich finanziell einzubringen – dies führt zur Patenschaft der Sektion Hochrhein für die Konstanzer Hütte. Außerdem wird auch das Thema Wegebau geregelt, indem über ein Arbeitsgebietskataster festgelegt wird, für welche Wegabschnitte im Verwall die Sektion zuständig ist.

Gegen Ende dieses Berichtszeitraumen verzeichnet die Sektion über 4.000 Mitglieder, davon in Singen ca. 800 und in Radolfzell ca. 500. Das Tourenprogramm nimmt weiter an Umfang zu, wohingegen „wie bei anderen Sektionen des DAV ebenso in unserer Sektion der Trend spürbar ist, dass immer weniger Mitglieder an Sektionsveranstaltungen teilnehmen.“ Dies führt u. a. dazu, dass das früher so gut angenommene Frühlingsfest in einen kleineren Saal umzieht. Auf der Konstanzer Hütte werden über 3.000 Übernachtungen verzeichnet, auf der Gauenhütte über 2.000. Und die Sektion wird Mitglied im Badischen Sportbund.